Welche Rolle spielt Farbe in der Bildverarbeitung?
Farben beeinflussen uns emotional und prägen unsere Wahrnehmung. Dass wir mit unseren Augen Millionen von Farbtönen unterscheiden können, hat uns als Menschen im Laufe der Evolution große Vorteile beschert, so konnten wir Nahrung sicher von Schädlichem oder Verdorbenem unterscheiden. Viele Anwendungen der Bildverarbeitung, bei denen am Ende das menschliche Auge des Kunden entscheidend ist, sind daher auch darauf ausgerichtet, Farbwiedergabe speziell für Menschen zu optimieren
Was ist Farbe?
Für das Entstehen von Farbeindrücken beim Menschen sind elektromagnetische Wellen mit Wellenlängen zwischen 380 nm und 780 nm verantwortlich. Wellen jenseits dieses Bereichs sind für das menschliche Auge nicht sichtbar, können wohl aber durch spezielle technische Geräte detektiert werden. Der für uns sichtbare Bereich wird in unseren Augen durch Rezeptoren mit drei unterschiedlichen Farbempfindlichkeiten wahrgenommen. Deren Signale werden in unserem Gehirn zu einem Farbeindruck verarbeitet.
Monochrome Darstellung ist oft ausreichend
Die Erzeugung von Farbinformationen mit einer Farbkamera ist nicht trivial: So benötigt eine übliche Farbkamera in der einfachsten Form die Informationen von 2x2 Pixeln, um den Farbwert eines Bildpunktes aus einem sogenannten Bayer-Pattern zu errechnen, das sogenannte 2x2 Debayering. Da es sich hierbei um eine Interpolation handelt, sind die Ergebnisse bei einer 2x2 Matrix verhältnismäßig schlecht. Häufiger wird auf eine 3x3 Matrix oder mehr zurückgegriffen. Eine monochrome Kamera bezieht ihre Informationen zu jedem Bildpunkt viel geradliniger, nämlich 1:1 aus ihrem Pixel-Array.
Doch das menschliche Auge ist als Universalwerkzeug ausgelegt. Nicht immer brauchen wir unsere Fähigkeit des Farbsehens, sondern kommen häufig auch mit den Informationen aus, die sich aus den reinen Helligkeitswerten des Wahrgenommenen ergeben. Ganz ähnlich verhält es sich in der Bildverarbeitung.
Der Aufwand einer Farbdarstellung mit einer Farbkamera ist nicht immer nötig und die technischen Schwierigkeiten, die damit verbunden sein können, lassen sich bei sorgfältiger Analyse der Anforderungen an eine Anwendung oft vermeiden.
Viele Anwendungen kommen gänzlich ohne Farbinformation in der Bildverarbeitungskette aus, bei anderen kann durch farbige Beleuchtung oder Farbfilterung und einer Monochrom-Kamera eine Art von selektiver Farbinformation erzeugt werden, z. B. erscheinen grüne Stellen auf roten Objekten schwarz, wenn zur Beleuchtung rotes Licht eingesetzt wird.
Das Thema Farbe wird immer wichtiger
Dennoch werden Farbkameras immer stärker nachgefragt. Dieses gesteigerte Interesse kann mit neuen Anwendungen erklärt werden, in denen Bilder nicht mehr nur zu Analysezwecken von Computern ausgewertet werden, sondern auch eine Qualität haben müssen, die der Wahrnehmung des menschlichen Auges entspricht. Darüber hinaus zeigt sich, dass die zusätzliche Farbinformation in einem Bild immer umfangreichere und vielseitigere Möglichkeiten für die Bildverarbeitung und -analyse eröffnet.
Einsatzgebiete von Farbkameras
Ein Beispiel für den verbreiteten Einsatz von industrieller Farbbildverarbeitung ist der Bereich der Druckbildkontrolle. Dank High-Tech ist Druckbildkontrolle heute ein automatisierter Prozess. Ausgeklügelte Inspektionssysteme auf Kamerabasis kontrollieren z.B. Label und Verpackungen. Insbesondere der Kontrolle der Farbwiedergabe kommt hier eine wichtige Bedeutung zu - beispielsweise bei der Inspektion von Nahrungsmittelverpackungen, auf denen die dargestellten Lebensmittel für uns Verbraucher „knackig“ und „frisch“ erscheinen müssen, um den Kaufanreiz zu erhöhen.
Für die Inspektionssysteme zur Farbkontrolle ist eine optimierte, standardisierte Farbdarstellung wichtig, damit verschiedene Geräte und Anlagen bei gleichen Farbangaben auch das gleiche Ergebnis liefern. „Kunde“ und Maß aller Dinge ist hier der Mensch: so wird z. B. in der Druckindustrie häufig in letzter Instanz eine Druckbildprüfung am Monitor durch das menschliche Auge durchgeführt. Unser Sehorgan ist dabei so empfindlich gegenüber geringsten Abweichungen, dass die Farbwiedergabe des Monitors so realistisch wie möglich sein muss, damit es zu keinen Fehlentscheidungen kommt.
Dies ist nur eines von vielen Anwendungsbeispielen, in denen es auf hohe Farbgenauigkeit ankommt.
Fazit
Farbe ist ein wichtiger Informationsträger und kann in vielen Anwendungen zur Lösung von Inspektionsaufgaben im Zuge der Bildverarbeitung eingesetzt werden. Doch die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns bei der Verarbeitung farbiger Bilder sind enorm und führen oft dazu, dass wir die Schwierigkeiten der Verarbeitung von Farbbildern in der Bildverarbeitung unterschätzen. In vielen Anwendungen ist aber zum Glück eine monochrome Kamera ausreichend. Für die übrigen Fälle, die wirklich eine Farbkamera erfordern, gibt es nützliche Funktionen in vielen Farbkameras, die beim Handling und der weiteren Verarbeitung von Farbbildern helfen, ohne zusätzliche Prozessorlast zu erzeugen.