Bildverarbeitungssysteme

Grundlagen von Bildverarbeitungssystemen

Kameraauswahl, Objektiv- und Beleuchtungsauswahl, Beurteilung der Bildqualität sowie die Auswahl von PC-Hardware und Software und die Konfiguration aller Komponenten – all das sind wichtige Schritte hin zu einem leistungsfähigen industriellem Bildverarbeitungssystem

Grundlagen von Bildverarbeitungssystemen

Was bei der Konzeption eines Bildverarbeitungssystems zu beachten ist

Stellen Sie sich vor, ein Apfelbauer bittet Sie, ein Bildverarbeitungssystem zu konzipieren, das seine Äpfel inspizieren soll. Er möchte gleichbleibende Qualität liefern, schlechte Äpfel aussortieren und schnell arbeiten.

Um folgende Fragestellungen muss er sich kümmern:

  1. Was sind die genauen Anforderungsdefinitionen an das System?

  2. Welche Auflösung und welchen Sensor benötige ich?

  3. Möchte ich eine Farb- oder Monochromkamera einsetzen?

  4. Welche Kamerafunktionen benötige ich und welche Bildqualität reicht aus?

  5. Das Auge der Kamera: Maßstab und Abbildungsleistung

  6. Welche Beleuchtung sollte ich einsetzen?

  7. Welche PC-Hardware und Software werden benötigt?

Anforderungsdefinition für ihr Bildverarbeitungssystem

Was genau soll das Bildverarbeitungssystem unter welchen Bedingungen leisten? Diese Frage wirkt so selbstverständlich, dass sie eher am Rande und oft nicht so gründlich beantwortet wird, wie es eigentlich sinnvoll wäre. Wenn Sie aber am Anfang genau wissen, was Sie wollen, sparen Sie später Zeit und Geld.

Soll Ihr System

  • nur Bilder des zu untersuchenden Objektes anzeigen und z.B. durch Vergrößerung oder bestimmte Beleuchtung für das menschliche Auge nicht erkennbare Produkteigenschaften sichtbar machen?

  • objektive Produkteigenschaften wie Größe oder Maßhaltigkeit errechnen?

  • eine korrekte Positionierung – z. B. durch einen Bestückungsautomaten überprüfen?

  • Merkmale bestimmen, aufgrund derer das Produkt einer bestimmten Produktklasse zugeordnet wird ?

Auswahl der Kamera

Welche Kamera wird für eine Anwendung benötigt? Aus der Anforderungsdefinition können wir bereits Zielgrößen für Auflösung bzw. Sensorgröße der Kamera ableiten.

Auflösung und Sensor

Auflösung und Sensor

Auflösung beschreibt in der klassischen Fotografie, wie nahe zwei Punkte oder Linien beieinanderliegen dürfen, um im Bild noch als getrennt erkennbar zu sein.

Bei Digitalkameras wird oft von einer „Auflösung von z.B. 2 Megapixel“ gesprochen. Diese Angabe bezieht sich jedoch nur auf die Anzahl der Pixel auf dem Sensor, nicht auf die tatsächliche Auflösung. Die eigentliche Auflösung wird auch hier bestimmt durch das Gesamtpaket aus Kamera, Objektiv und der Geometrie, d.h. den Abständen im Aufbau. Die Pixelanzahl ist wichtig, da sie unter optimalen Bedingungen die maximale Auflösung bestimmt.

Für feine Auflösung oder große Bildbereiche benötigt man viele Pixel, was manchmal den Einsatz mehrerer Kameras erfordert. Oft ist es kostengünstiger, mehrere Kameras mit Standardobjektiven zu verwenden, als eine Kamera mit einem teuren Spezialobjektiv. Die Sensorgröße und das Objektfeld bestimmen schließlich den Abbildungsmaßstab, der für die Objektivauswahl entscheidend ist.

Farbe oder Monochrom?

Farbe oder Monochrom?

Wenn Merkmale über die Farbe detektiert werden können (z. B. rote Flecken auf dem Apfel), ist zwar oft, aber nicht immer eine Farbwiedergabe nötig. Diese Merkmale zeigen sich evtl. auch bei farbiger Beleuchtung im S/W-Bild einer monochromen Kamera. Experimente an guten Proben helfen hier weiter. Ist Farbe nicht relevant, ist eine monochrome Kamera vorzuziehen, da Farbkameras durch die Farbfilter immer unempfindlicher sind als S/W Kameras.

Ist Ihre Inspektionsaufgabe sehr komplexer? Dann sollten Sie in Betracht ziehen, mehrere Kameras einzusetzen, z.B. wenn ganz unterschiedliche Merkmale zu erfassen sind, von denen jede eine andere Beleuchtung oder Optik erfordert.

Kamerafunktionen und Bildqualität

Kamerafunktionen und Bildqualität

Nicht nur die Anzahl der Pixel macht eine gute Kamera aus. Achten Sie auf Bildqualität und Kamerafunktionen. Wichtig für die Bildqualität einer Digitalkamera sind außer der Auflösung hauptsächlich noch:

Bei den Kamerafunktionen ist eine der wichtigsten die Geschwindigkeit oder auch Bildrate (fps, frames per second). Sie sagt aus, wie viele Bilder maximal pro Sekunde aufgenommen werden können.

Objektiv: Maßstab und Abbildungsleistung

Eine gute Optik ist teuer. In vielen Fällen tut es aber auch das Standardobjektiv. Um zu entscheiden, was benötigt wird, brauchen Sie Angaben über Parameter wie

  • Objektivanschluss

  • Pixelgröße

  • Sensorgröße

  • Abbildungsmaßstab, d.h. das Verhältnis von Bild- zu Gegenstandsgröße. Das entspricht auch dem Verhältnis der Größe des einzelnen Pixels geteilt durch die Pixelauflösung (die Pixelauflösung ist die Kantenlänge desjenigen Quadrats auf dem untersuchten Objekt, das auf dem Kamerasensor genau ein Pixel ausfüllt.

  • Brennweite des Objektivs, aus der sich der Abbildungsmaßstab und der Abstand zwischen Objekt und Kamera ergibt

  • Lichtstärke

Mit diesen Angaben kann man die Datenblätter der Objektivhersteller durchforsten und z. B. zunächst prüfen, ob ein preisgünstiges Standardobjektiv schon reicht, bevor man Objektive der höheren Preisklassen in Erwägung zieht.

Objektiveigenschaften wie Verzeichnung, Auflösung (beschrieben durch die MTF-Kurve), chromatische Aberration oder der Spektralbereich, für den das Objektiv optimiert ist, können weitere Entscheidungskriterien sein.

Es gibt z. B. spezielle Objektive fürs nahe Infrarot, extreme Weitwinkelobjektive (Fischaugen) oder telezentrische Objektive, die sich besonders für Längenmessungen eignen. Für solche Spezialeigenschaften der Objektive zahlt man aber oft einen hohen Preis.

Auch hier gilt: zur Klärung offener Fragen helfen Tests und Beispielaufnahmen.

Objektive

Beleuchtung

Bei schlechtem Licht erkennt man nichts: diese banale Weisheit gilt auch für industrielle Bildverarbeitungssysteme.

Ein Bild schaut man sich im Auflicht an, ein Buntglasfenster dagegen entfaltet erst im Durchlicht seine Schönheit.
Ein Bild schaut man sich im Auflicht an, ein Buntglasfenster dagegen entfaltet erst im Durchlicht seine Schönheit.

Optimierung der Bildhelligkeit

Hohe Inspektionsgeschwindigkeiten erfordern oft empfindliche Kameras und lichtstarke Objektive. Häufig kann man aber mit geringerem Aufwand die Beleuchtung modifizieren oder optimieren und so den gleichen Zugewinn für Bildhelligkeit erreichen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, höhere Bildhelligkeit zu erreichen: das Umgebungslicht erhöhen, das Licht formen, etwa durch Linsen oder Blitzen einer geeigneten Lichtquelle. Es ist aber nicht nur die Beleuchtungsstärke wichtig, sondern auch auf welchem Weg da Licht über das Objekt in die Kamera gelangt.

Ein Beispiel kennt wohl jeder aus der Fotografie, Umgebungslicht ist meist diffus, reicht das aber nicht aus, setzt man einen Blitz ein, der deutlich gerichteter ist – und hat dann meist ungewollte Reflektionen von glatten Oberflächen im Bild, die die eigentlichen Details überstrahlen. In der BV können solche Effekte aber gewünscht sein, um an wenig reflektierenden, geraden Oberflächen hohe Lichtintensitäten zu erzielen. Für Objekte mit vielen Flächen die in verschiedene Richtungen reflektieren ist diffuses Licht besser geeignet.

Anforderungen an PC-Hardware und Software für die Bildverarbeitung

PC-Hardware

PC-Hardware

Welche Hardware man benötigt, ist abhängig von der Aufgabe und der geforderten Verarbeitungsgeschwindigkeit. Während einfache Aufgaben mit PC-Hardware und Standard-Bildverarbeitungspaketen erledigt werden können, ist für komplexe und schnelle Bildverarbeitungsaufgaben u. U. spezialisierte Hardware erforderlich.

Software

Software

Zur Auswertung der Bilder wird eine Software benötigt. Die meisten Kameras enthalten bereits eine Anwendersoftware, die das Anzeigen von Bildern und das Konfigurieren der Kamera erlaubt. Das reicht zur ersten Inbetriebnahme aus. Für spezielle Anwendungen und Bildverarbeitungsaufgaben muss aber spezielle Software eingesetzt bzw. entwickelt werden.

Fazit

Die Konzeption eines industriellen Bildverarbeitungssystems erfordert eine Vielzahl von Überlegungen bezüglich aller verwendeten Komponenten von der Kamera und ihrer Optik über die Beleuchtung bis hin zur verwendeten PC-Hard- und Software.

Doch diese Aufgabe lässt sich Stück für Stück gut bewältigen, wenn man im Vorfeld gründlich klärt, worin die Aufgabe besteht und was die Randbedingungen sind.

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