Welche Rolle spielt Computer Vision für die Industrie 4.0?
Der Begriff Industrie 4.0 steht für eine neue Form der Abläufe und Organisation der industriellen Fertigung. Kernelement ist dabei die Vernetzung und extensive Datenkommunikation. Das Ziel ist eine selbst organisierte, stärker individualisierte und effizientere Produktion, die auf umfangreicher Datenerhebung und effektivem Informationsaustausch basiert.
Unter dem Dach der Informationstechnologie spielt Computer Vision eine wesentliche Rolle. Das maschinelle Sehen ist ein unverzichtbarer Bestandteil jeder automatisierten Umgebung, sowohl in der Hardware - wie z.B. in der Robotik - als auch in der Software für Zwecke der Bildanalyse oder für das Trainieren künstlicher neuronaler Netze – Stichwort Deep Learning.
Welchen Beitrag leistet Computer Vision dazu? Wir sehen uns das weiter unten am Beispiel einer Smart Factory an.
In unserem Webinar stellen wir Ihnen wichtige Trends in der Bildverarbeitungstechnologie für Industrie 4.0 vor.
Was ist so smart an der Smart Factory?
Der Begriff Smart Factory umschreibt die intelligente Vernetzung im Bereich der Fabrikautomation. Für eine intelligente Fabrik ist Wissen, bestehend aus Daten und Prozessen, eine grundlegende Voraussetzung. Woher kommt dieses Wissen?
Daten werden in der Regel mithilfe von Sensoren erhoben. Ohne geeignete Aufbereitung sind die Daten aus den Sensoren jedoch wertlos; sie müssen für mehrere Systeme und Komponenten nutzbar gemacht werden, damit sie als Grundlage für Entscheidungen in Prozessen dienen können. Genau hier wird die Fabrik smart.
Das Geheimnis liegt in der Vernetzung aller beteiligten Einzel- oder Untersysteme. Die Basis ihrer Vernetzung bildet meist ein sogenanntes Bus-System, das alle Sensoren und Aktoren über die gleichen Datenleitungen sowohl untereinander, als auch mit einem Automatisierungsgerät, zum Beispiel einem Steuerungssystem (SPS), verbindet.
Da in einer Fabrik die Teilsysteme und Geräte teilweise weit voneinander entfernt platziert sind, basieren die Bus-Systeme meist auf Echtzeit-Ethernet. Der Ethernet-Standard ist weit verbreitet, Hardware-Zubehör wie Kabel oder Switches sind kostengünstig verfügbar und große Kabellängen zwischen den einzelnen Systemen sind problemlos realisierbar.
Vision Systeme als Datenlieferanten
Zu den wichtigsten und mächtigsten Sensoren in einer automatisierten Fabrikumgebung zählen Vision Systeme mit Kameras. Sie spielen schon heute eine überaus wichtige Rolle in der modernen Automatisierung und bestehen meist aus den folgenden Komponenten:
Vernetzung im Fabrik-Setup mit OPC UA
Wie alle anderen Teilsysteme muss auch das Vision System sowohl hardware- als auch softwareseitig mit allen anderen Systemen und mit der zentralen Steuerung verbunden werden. Dies geschieht mithilfe spezieller Datenaustausch-Standards für die industrielle Kommunikation. Sie verleihen den einzelnen Teilsystemen sozusagen eine gemeinsame Maschinensprache, um die einfache Interoperabilität untereinander zu gewährleisten. Einer dieser Standards ist umati (universal machine technology interface). Er nutzt OPC UA als offenen, universellen Schnittstellen-Standard.
OPC UA macht Maschinendaten maschinenlesbar und semantisch beschreibbar. Der Standard sorgt für die Aufbereitung von z.B. Sensordaten und Steuerungsbefehlen, er legt deren Transport fest und bestimmt die Schnittstellen zwischen Systemen und Sicherheitsmechanismen.
Der Standard ist in allen Ebenen eines Fabrik-Setups nutzbar: von der untersten Feldebene, in der die Sensoren und Aktoren liegen, bis hin zu den abstrakten Informationsschichten wie SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition), ERP (Enterprise-Resource-Planning) bzw. in die Cloud.
Mithilfe von OPC UA lassen sich sowohl die unterschiedlichen Komponenten auf einer Ebene horizontal miteinander vernetzen, als auch vertikal über die verschiedenen Ebenen hinweg.
Unverzichtbar für eine effiziente Nutzung in allen Bereichen einer intelligenten Fabrik ist Echtzeitfähigkeit. Der Standard bietet zu diesem Zweck Erweiterungsmöglichkeiten in Form des Time Sensitive Networking TSN. OPC UA TSN ist auch Voraussetzung für die Übertragung der Bilder direkt aus dem Vision System an die anderen Teilsysteme bzw. an die Steuerungseinheit – eine Funktionalität, die bislang noch nicht umgesetzt ist.
Smart Factory leicht gemacht
Als zentrale Schnittstelle der Systeme fungiert eine SPS, auf der nun sämtliche Teilsysteme bzw. deren Software enthalten sind. Dieser zentrale Knoten ist gleichzeitig die Schnittstelle zu den höher gelegenen Systemen wie z.B. dem ERP. Weiter reduzieren ließe sich die Struktur, indem übergeordnete Systeme in die Cloud ausgelagert werden.
In einem solchen Setup wäre es also möglich, sowohl das Förderband und den Roboter als auch die einzelnen Komponenten des Bildverarbeitungssystems einfach zu verbinden. Die Kameras bieten mit ihrem PTP bereits die Grundlage für Echtzeitfähigkeit, wenn OPC UA als Standard genutzt und mögliche Erweiterungen wie TSN vorhanden sind.